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aus der Matratzengruft EP1

by kollektivB1

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1.
Stunden, Tage, Ewigkeiten Sind es, die wie Schnecken gleiten; Diese grauen Riesenschnecken Ihre Hörner weit ausrecken. Manchmal in der öden Leere, Manchmal in dem Nebelmeere Strahlt ein Licht, das süß und golden, Wie die Augen meiner Holden. Doch im selben Nu zerstäubet Diese Wonne, und mir bleibet Das Bewußtsein nur, das schwere, Meiner schrecklichen Misère. Aus: Lyrischer Nachlaß, Zum Lazarus
2.
I 01:09
...kein grünes Blatt rauscht herein in meine Matratzengruft zu Paris, wo ich früh und spat nur Wagengerassel, Gehämmer, Gekeife und Klaviergeklimper vernehme... Aus: Nachwort zum Romanzero
3.
Es hatte mein Haupt die schwarze Frau Zärtlich ans Herz geschlossen; Ach! meine Haare wurden grau, Wo ihre Tränen geflossen. Sie küßte mich lahm, sie küßte mich krank, Sie küßte mir blind die Augen; Das Mark aus meinem Rückgrat trank Ihr Mund mit wildem Saugen. Mein Leib ist jetzt ein Leichnam, worin Der Geist ist eingekerkert – Manchmal wird ihm unwirsch zu Sinn, Er tobt und rast und berserkert. Ohnmächtige Flüche! Dein schlimmster Fluch Wird keine Fliege töten. Ertrage die Schickung, und versuch Gelinde zu flennen, zu beten. Aus: Gedichte. 1853 und 1854, Zum Lazarus
4.
Den Strauß, den mir Mathilde band Und lächelnd brachte, mit bittender Hand Weis ich ihn ab – Nicht ohne Grauen Kann ich die blühenden Blumen schauen. Sie sagen mir, daß ich nicht mehr Dem schönen Leben angehör, Daß ich verfallen dem Totenreiche, Ich arme unbegrabne Leiche. Wenn ich die Blumen rieche, befällt Mich heftiges Weinen – Von dieser Welt Voll Schönheit und Sonne, voll Lust und Lieben, Sind nur die Tränen mir geblieben. Wie glücklich war ich wenn ich sah Den Tanz der Ratten der Opera – Jetzt hör ich schon das fatale Geschlürfe Der Kirchhofsratten und Grab-Maulwürfe. O Blumendüfte, Ihr ruft empor Ein ganzes Ballett, ein ganzes Chor Von parfümierten Erinnerungen – Das kommt auf einmal herangesprungen, Mit Kastagnetten und Zimbelklang In flittrigen Röckchen, die nicht zu lang, Doch all ihr Tändeln und Kichern und Lachen Es kann mich nur noch verdrießlicher machen!   Fort mit den Blumen! Ich kann nicht ertragen Die Düfte die von alten Tagen Mir boshaft erzählt viel holde Schwänke – Ich weine wenn ich derselben gedenke – Aus: Lyrischer Nachlaß, Zum Lazarus
5.
II 01:31
…Ich hatte damals noch etwas Fleisch und Heidentum an mir, und ich war noch nicht zu dem spiritualistischen Skelette abgemagert, das jetzt seiner gänzlichen Auflösung entgegenharrt. Aber existiere ich wirklich noch? Mein Leib ist so sehr in die Krümpe gegangen, daß schier nichts übrig geblieben als die Stimme... Aus: Nachwort zum Romanzero
6.
Morphine 03:01
Groß ist die Ähnlichkeit der beiden schönen Jünglingsgestalten, ob der eine gleich Viel blässer als der andre, auch viel strenger, Fast möcht ich sagen viel vornehmer aussieht Als jener andre, welcher mich vertraulich In seine Arme schloß – Wie lieblich sanft War dann sein Lächeln und sein Blick wie selig! Dann mocht es wohl geschehn, daß seines Hauptes Mohnblumenkranz auch meine Stirn berührte Und seltsam duftend allen Schmerz verscheuchte Aus meiner Seel – doch solche Linderung Sie dauert kurze Zeit, genesen gänzlich Kann ich nur dann, wenn seine Fackel senkt Der andre Bruder, der so ernst und bleich. – Gut ist der Schlaf, der Tod ist besser – freilich Das Beste wäre, nie geboren sein. Aus: Zu Romanzero, zeitgenössisch nicht gedruckt
7.
III 02:20
...Ein Grab ohne Ruhe, der Tod ohne die Privilegien der Verstorbenen, die kein Geld auszugeben und keine Briefe oder gar Bücher zu schreiben brauchen -- das ist ein trauriger Zustand. Man hat mir längst das Maß genommen zum Sarg, auch zum Nekrolog, aber ich sterbe so langsam, daß solches nachgrade langweilig wird, für mich wie für meine Freunde. Doch Geduld, alles hat sein Ende... Aus: Nachwort zum Romanzero

about

›Sie sagen mir, daß ich nicht mehr / Dem schönen Leben angehör, / daß ich verfallen dem Totenreiche, / ich arme unbegrabne Leiche.‹

Die letzten Jahre verbringt Heinrich Heine gelähmt in seiner ›Matratzengruft zu Paris‹. Dort klaffen Leben und Tod, Körper und Geist, Biografie und Historie immer weiter auseinander. Übrig bleibt seine Stimme, die diese Zwischenräume wieder und wieder auslotet und ihre Übergänge hörbar macht. kollektivB1 versucht mit Heines makabrer Stimme ins Gespräch zu kommen mit Soundcollagen, Popsongs und viel Tape Delay.

credits

released February 2, 2019

Aufgenommen von Januar bis September 2018 im Proberaum des DITEr, dem Flur & der Besenkammer. Außerdem in leeren Silos, einer Metro Station in Lissabon & bei verschiedenen Leuten zuhause in Berlin, Eppelborn, Saarbrücken.

Texte: Heinrich Heine
Musik: B1 mit Florian Britz, Pascal Heischreiber, Sally & Jan Peter, Tobias Thies, Sylwia Ulrich
Aufnahmen, Mix & Mastering: Florian Britz, Tobias Thies
Artwork: Sylwia Ulrich

Danke an Heinrich Heine | Danke an den Präsidenten und das DITEr | Danke an bühne 1 für’s Verkuppeln | Danke Hans-Willi, Uwe & Yoná, Danke Teppich Verkäuferin, Danke Opa Horst, Danke Silo Nachbarn, Danke Pizza Paak, Danke liebe Vögel | herzlicher Danke an die vielen anderen, die dieses Projekt begleitet und daran mitgewirkt haben | Dankeschön an alle, die uns zuhören | Love, Peace and Lava Bang.

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